„Neue Ära medialer Produktion“

Künstliche Intelligenz (KI) ist eines der wissenschaftlichen Lieblingsthemen von Bernd Flessner, dem Leiter des deutschen Zentralinstituts für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation. Er ist einer der Referenten des „Zeitschriftentages 2017“, den der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) gemeinsam mit dem Österreichischen Zeitschriften- und Fachmedienverband (ÖZV) am 14. September in Wien organisiert. Mit dem KI-Experten sprach der Medienmanager vorab zu Fragen der Künstlichen Intelligenz in den Medien, Digitalstrategien und Zukunft der Medien.
Medienmanager: „Künstliche Intelligenz in den Medien“ – so lautet der Titel Ihres Vortages am Zeitschriftentag. Welche Inhalte können sich die Zuhörer dazu erwarten?
Bernd Flessner: KI und smarte Algorithmen spielen in den Medien eine wachsende Rolle. Bekannt ist z.B. der sogenannte Roboterjournalismus, also Tools bzw. Software, die selbständig im Internet recherchieren und Texte schreiben. Diese sind von den Texten, die von menschlichen Autoren stammen, nicht zu unterscheiden. Aber das ist nur der Anfang. Längst gibt es Algorithmen, die Magazine und ganze Bücher layouten. Das wiederum ist lediglich der Einstieg in eine neue Ära medialer Produktion.
Medienmanager: Digitalstrategien sind mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil jeder Verlagsstrategie. Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach Digi-Strategien für Zeitschriften-Verlage von jenen in Tageszeitungsverlagen oder anderen Mediengattungen?
Flessner: Diese Spezialitäten kann man gar nicht alle aufzählen. Interessant sind vor allem Nischen-Magazine, die sich etwa mit Schallplatten oder Schallplattenläden befassen. Es sind oft Printmagazine, zumeist neu gegründet, die bei einer kleinen Zielgruppe großen Anklang finden. Dann wiederum gibt es reine Online-Magazine, die eine ganz andere Klientel bedienen. Der Markt ist extrem differenziert. Am Ende dieser Entwicklung könnten personalisierte Magazine stehen, die mit Hilfe von KI für nur einen Leser generiert werden.
Medienmanager: Ihre Forschungs-Schwerpunkte sind ja „Zukunft der Medien“ bzw. „Konvergenz von Technologien“? Welche Forschungs-Erkenntnisse können Sie aus Ihren Arbeiten speziell für den Magazine-Markt ableiten?
Flessner: Sehr pauschal, dass wir auf eine Ära der Postmedialität zusteuern. Eine Welt, in der nahezu jedes Objekt ein Medium ist, jeder Toaster, jede Wand, jedes Auto und jede Verpackung. Medien sind Teil des Internet of Things, auch Outernet genannt. Allgegenwärtige, smarte Sensoren liefern die Informationen, eine KI verarbeitet sie zu Nachrichten, versieht sie mit Werbung, und sorgt dafür, dass sie einen ganz bestimmten User erreicht. Die gute, alte Wirklichkeit verschwindet in dieser postmedialen Welt, wird übersehen, vergessen oder sogar als unreal angesehen.