Roboter-Redakteure im Fußballfieber

© Katharina Schell-APA
Maschinen machen ihre ersten Schritte als Sportberichterstatter.

Die Möglichkeiten von Roboter-Journalismus beschäftigen die Medienbranche – Mensch und Maschine spielen noch in unterschiedlichen Ligen.

Die deutsche Nationalmannschaft unterlag am 27. Juli 2018 in der Kasan-Arena dem Team aus Südkorea mit 0:2, die Tore schossen Kim Young-gwon und Son Heung-min. 41.835 Zuschauer waren im Stadion.“ So könnte der Bericht eines Content-Roboters, der seine Informationen aus einer Datenbank zieht und automatisiert textet, lauten. Aus der Sicht von Fußballfans wäre das aber nur ein kleiner Teil der Geschichte. Die Dramatik in den Schlussminuten des Spiels, die historische Dimension des Ausscheidens aus dem Turnier, die Gerüchte über Grüppchenbildungen innerhalb der Mannschaft, umstrittene Entscheidungen des Teamchefs im Vorfeld der Weltmeisterschaft und die Fassungslosigkeit einer fußballbegeisterten Nation – ein guter Sportredakteur würde all das in ein Gesamtbild einordnen und hätte seinen Leserinnen und Lesern mehr zu bieten als nackte Daten.

Artificial Intelligence und Roboter-Journalismus sind nach wie vor heiß diskutierte Themen in der Medienbranche. Die einfache Idee dahinter: Künstliche Intelligenz kann Texte automatisiert, schnell und rund um die Uhr erstellen. Gerade in einer Zeit, in der sich viele Redaktionen mit geringen personellen Ressourcen einer steigenden Nachfrage nach aktuellen Informationen gegenübersehen, klingt das nach einem verheißungsvollen Versprechen. Aber wie intelligent sind solche Text-Maschinen? Kann man ihnen nur das grammatikalisch korrekte Wiedergeben von Daten beibringen oder auch ein Verständnis dafür, wie Erzählen funktioniert?

Die norwegische Nachrichtenagentur NTB zählt zu den Pionieren in diesem Bereich. Seit 2016 schreibt dort ein Content-Roboter, der Informationen aus Live-Ergebnistabellen bezieht, einfache und datenzentrierte Berichte über Fußballspiele, die mittlerweile ohne Kontrolle durch menschliche Redakteure publiziert werden. So kann die NTB mit ihrer Berichterstattung auch eine Vielzahl von regionalen  Sportereignissen abdecken, für die ansonsten die Ressourcen fehlen würden. Die norwegische Erfolgsgeschichte stößt seither international auf großes Interesse.

„Egon“ ist ein österreichisches Original, ein Prototyp der in einem einwöchigen Designsprint in der Innovationsabteilung der APA – Austria Presse Agentur – entstanden ist. Bei der Arbeit an diesem Content- Roboter coachten APA-Redakteurinnen und -Redakteure gemeinsam mit Software-Entwicklern die Maschine. Egon konnte nach dieser kurzen Zeitspanne Spielergebnisse in Textform wiedergeben – auch ob Siegesserien fortgesetzt wurden, ob es eine Durststrecke gab oder ein Sieg vor heimischem Publikum gefeiert wurde, wusste der Content-Roboter zu berichten.

Das Team des APA-medialab gab sich damit nicht zufrieden und verdonnerte Egon in einem zweiten Schritt zum Machine Learning. Dazu wurden 5.200 Texte aus der Fußballberichterstattung mit insgesamt 160.000 Sätzen analysiert, um  semantisch gleichartige Segmente zu erhalten – kurz gesagt, um den Roboter mit genug Textbausteinen zu füttern, damit er schreiben kann wie ein Redakteur. Insgesamt wurden nur 178 sich wiederholende Sätze gefunden – zu wenig für ein sinnvolles Ergebnis. Das Fazit: Menschen verwenden beim Schreiben so viele kreative Variationen und verweben Kontexte, die rein datenbasiert (noch) nicht nachvollziehbar sind. Content-Roboter können verhältnismäßig einfache Aufgaben bereits übernehmen, um ihren Kollegen aus Fleisch und Blut die Zeit zu verschaffen, Geschichten in all ihren Dimensionen zu erzählen.

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