EU-Datenschutzbeauftragter sieht EU-Wahl als „Lackmustest“

Der EU-Datenschutzbeauftragte, Giovanni Buttarelli, sieht die bevorstehenden Europawahlen als Test für die EU-Datenschutzbestimmungen. „Der Lackmustest zur Frage, wie robust das Unionsrecht tatsächlich ist, wird die Integrität der Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2019 sein“, schreibt der EU-Datenschutzbeauftragte in dem am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Jahresbericht der EU-Behörde.

Dabei warf Buttarelli den Unternehmen vor, mit der 2018 in Kraft getretenen EU-Datenschutzgrundverordnung eher wie mit einem „rechtlichen Puzzle“ umzugehen, als ihre Arbeitsweise an die Interessen der Nutzer anzupassen. „Die größte Bedrohung für die Freiheit und Würde des Einzelnen besteht in der übermäßigen Informationsmacht bestimmter Unternehmen oder Verantwortlicher sowie in dem breiten, undurchdringlichen Tracking-, Profiling- und Targeting-Ökoystem, das in der Lage ist, diese Informationen zu sammeln und zu nutzen“, sagte er.

Die politischen Entscheidungsträger seien sich der Gefahren für die Demokratie mittlerweile bewusst. „Das ganze System ist anfällig, nicht nur gegenüber Verstößen, sondern auch gegenüber Manipulationen durch Akteure mit politischen Agenden, die das Vertrauen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt untergraben wollen“, heißt es in dem Jahresbericht weiter.

Die deutsche „Stiftung Wissenschaft und Politik“ analysiert in einem aktuellen Bericht das Potenzial für Desinformation vor den EU-Wahlen. „Googles globaler Marktanteil von 80 Prozent aller Suchanfragen und Facebooks und Youtubes Marktanteil von 70 Prozent bei den sozialen Netzwerken sind Ausdruck des beispiellosen Konzentrationsprozesses der kommunikativen Infrastrukturen“, heißt es in dem Bericht. Große Plattformenanbieter hätten in Europa kaum Konkurrenz zu befürchten, „so dass nur eine grundsätzliche Reform der Kartellgesetzgebung bleibt“.

Nicht mehr Wahlwerbung im Fernsehen oder der Stand in der Einkaufsstraße seien wahlentscheidend, sondern Technologien Künstlicher Intelligenz wie Microtargeting. „Mit ihnen werden gezielt wechselbereite Wähler angesprochen, die oft das Zünglein an der Waage ausmachen“, schreiben die Studienautoren. „Nur die EU mit ihrer Wirtschaftskraft als Ganzes kann gegen die Macht transnationaler Digitalkonzerne angehen.“ In diesem Zusammenhang seien die Europawahlen ein historischer Wendepunkt. Parteien und politische Organisationen müssten sich verpflichten, Transparenz in die Kampagnen zu bringen und den Einsatz von automatisierten Programmen („Bots“) zu unterbinden.