Fake News bedrohen liberale Demokratie

dpa-Geschäftsführer Peter Kropsch warnte beim Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg vor den Gefahren von Fake News und manipulierten Nachrichten für die liberale Demokratie. „Die Gesellschaft sollte in der Lage sein, ihre Informationen auf Basis von Fakten zu treffen. Derzeit sehen wir aber die Tendenz, dass Information wieder ein Herrschaftsinstrument wird“, sagte Kropsch.

Historiker könnten in 500 Jahren möglicherweise zum Schluss kommen, dass die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen 1945 bis 2020 nur ein „liberales Fenster“ war, in dem Medien als vierte Gewalt zur liberalen Weltordnung beigetragen haben. „Wir verbinden mit Nachrichten und Medien Systeme, auf die man sich verlassen kann“, so Kropsch. Dieses System bröckle. Fake News führten nämlich weniger dazu, dass man das glaubt, was da verbreitet wird, sondern viel mehr dazu, dass Zweifel gesät werden, dass die Klassischen Medien und Nachrichten nicht das Gesamtbild zeigen.

Deshalb sei das Thema Verifikation, also das schnelle Aufspüren von falschen Informationen beziehungsweise die Beglaubigung faktisch richtiger Infos, eine der Schlüsselaufgaben von Medien und insbesondere Nachrichtenagenturen geworden. Bei der dpa gebe es inzwischen etwa einen „Verification Officer“, der die eigene Redaktion und Medienkunden dabei unterstützt mit relativ einfachen Mitteln herauszufinden, ob Infos oder Bilder auch wirklich authentisch sind.

Private Nachrichtenagenturen gehörten im Gegensatz zu staatlichen Nachrichtenagenturen weltweit zur „gefährdeten Zunft“ und müssten „sehr viel Kreativität“ an den Tag legen, um ihr Geschäft in die Zukunft zu bringen, erklärte Kropsch, der seit 2017 Geschäftsführer der Deutschen Presse-Agentur ist und davor die österreichische Nachrichtenagentur APA geleitet hatte. Für Nachrichtenagenturen gehe es in Zeiten des Internet vor allem um die Schaffung von Nutzen und Mehrwert für ihre Medienkunden. „Wir müssen dort hin schauen, wo es gemeinsam leichter geht als alleine.“ Kropsch nannte gemeinsame Plattformen, gemeinsame Ressourcen-Planung oder die gemeinsame Nutzung von Daten und Metadaten als Beispiele. Zudem brauche es mehr Inhalte für die jungen Zielgruppen in der digitalen Welt.

Um die Datennutzung durch Medien ging es beim Europäischen Mediengipfel in Lech auch in zwei weiteren Diskussionsrunden. Der Blogger und Neue Medien-Experte Richard Gutjahr kritisierte dabei, dass von Google oder Youtube entwickelte Algorithmen Hetzkampagnen und Verschwörungstheorien befördern würden. „Algorithmen können verheerend sein. Sie können Strömungen verstärken. Opfer sprechen von einem Brandbeschleuniger“, berichtete Gutjahr. „Es gibt heute mehr Leute, die glauben, dass die Erde flach ist, als vor dem Internet.“ Thomas Schultz, „Spiegel“-Korrespondent für das Silicon Valley, ortet punkto Daten eine unglaubliche Fortschrittsbeschleunigung, der keine politischen Grenzen gesetzt sind. Entwicklungen dauerten heutzutage nicht mehr 30 Jahre, sondern drei bis fünf Jahre. „Der Fortschritt verläuft exponentiell und nicht linear.“

Der ehemalige ORF-Journalist und nunmehrige Medienberater Stefan Ströbitzer und „Tagesspiegel“-Reakteurin Ingrid Müller hoben die Bedeutung der Auswertung von Daten für die Berichterstattung hervor. Hier liege ein wichtiges journalistisches Zukunftsfeld. APA-Geschäftsführerin Karin Thiller betonte, dass vor allem die Verknüpfung von Daten immer relevanter werde, und die Politikwissenschafterin Ingrid Schneider warnte die Medien davor, sich allzu sehr an Click-Zahlen zu orientieren.