Trends: Was kommt – was geht – was bleibt

Die Vielfalt ist unglaublich und sehr breit gestreut: Markt- und Meinungsforscher haben international neue Strömungen identifiziert, die die Werbe- und Medienwelt ab heuer beeinflussen werden.

Marktforscher Goldmedia listet in seinem jüngsten „Trendmonitor 2018“ ein weites Trendthemenspektrum für Medienhäuser, Werber und Planer auf: Da wird das Ende der Kostenloskultur im Web genauso eingeläutet wie der zunehmende Einfluss der Influencer und auch der Datenanbieter, der Wandel von Social Media zu echten Medien und eine Neustrukturierung von Medienwährungen. Der Siegeszug der Sprachassistenten und neue Formen von Allianzen und Kooperationen gehören laut Experten ebenfalls zu den Trends 2018. Kantar Millward Brown ergänzt die bisherigen Analysen um weltweite Trends wie Branded Entertainment, künstliche Intelligenz und Walled Gardens. DSGVO. Ganz so abgezirkelt wollen heimische Medienmanager und Werbefachleute die Trendfelder nicht beschreiben. Matthias Stöcher, Leiter der Geschäftsfeldentwicklung digitale Medienprodukte beim STANDARD, will lieber von einer „Außeneinwirkung auf unsere Branche, die diese grundlegend verändern wird“, sprechen. Diese Außenwirkung kommt mit der DSGVO und der ePrivacy-Verordnung und wird seiner Einschätzung nach das alles überlagernde Thema in diesem Jahr sein. Denn bis dato galt in der digitalen Wirtschaft „Daten sind das Gold“, und alle, die möglichst viele davon sammelten, konnten diese gewinnbringend zur Steuerung der Kommunikation einsetzen. Stöcher: „Manche Firmen bauten überhaupt ihr gesamtes Geschäftsmodell auf gesammelten Daten auf. So entstanden unzählige Firmen, die sich in die Wertschöpfungskette zwischen Kunden und Medien klinkten.“ Dies passierte in den vergangenen Jahren jedoch immer penetranter, oft gegen den Willen der Medien (und Leser/User), weiß Stöcher. Ab 25. Mai werden die Uhren in der Medienwelt anders ticken: „Ab diesem Tag gilt nicht mehr ‚Daten sind das Gold‘, sondern Consent, den Unternehmen brauchen, um Daten sammeln und verwerten zu können, ist das neue Gold.“ Das wird auch das Erscheinungsbild der Medien im Web verändern, ist sich der Digitalexperte des STANDARD sicher: „Wir werden mit Einstiegsseiten konfrontiert werden, die uns fragen, ob wir künftig mit unseren Daten für den Konsum des Mediums bezahlen wollen und dafür alle Zustimmungen abgeben müssen, oder ob wir künftig mit Geld – und ohne Daten – für den Konsum des Mediums bezahlen.“ Qualität. Moser-Holding-CEO Hermann Petz identifiziert vor allem drei Haupttrends, die für ihn konkurrenzlos sind: Regionalität in der medialen Berichterstattung (sowohl im Print als auch digital), Qualität und Hochwertigkeit bei Medienprodukten, digitale Werbung (die allerdings vor vielen Herausforderungen à la Ad Fraud oder Viewability steht). Bei einigen Goldmedia-Trends sieht der Moser-Holding-CEO jedoch ganz andere Richtungen. So ist Petz nicht der Meinung, dass altbekannte Abrechnungsmodelle erodieren: „Diese Modelle sind bewährt, geprüft und – je nach Trägermedium – mit einer hohen Wahrscheinlichkeit effizient. Viele Onlinemodelle haben ein Transparenzproblem, das Werbungtreibenden zusehends bewusst wird.“ Dass lineares Fernsehen vom Markt verschwinden wird, kann Moser-Holding-Chef Petz nicht nachvollziehen, wiewohl Video-on-Demand bei Jugendlichen auf anhaltendes Interesse stößt: „Das ist wie bei der vor 20 Jahren gehypten Idee, dass Digitalplattformen Print verdrängen würden. Auch hier wird es weiterhin eine Koexistenz der Angebote geben.“ Er sieht eher ein Redimensionieren von Social Media (als neue Massenmedien) und Influencer Marketing. Auch bei der automatisierten Werbekommunikation erkennt Petz andere Zeichen: „Studien bestätigen, dass Werbung im richtigen Kontext wesentlich besser wirkt. Damit wird Targeting und Retargeting an Bedeutung verlieren.“ Programmatic Creation. Auch Joachim Krügel, Geschäftsführer der Agentur Media1, will einige Globaltrends auf österreichische Tauglichkeit überprüfen. Da wäre zunächst das Thema künstliche Intelligenz in Form von Sprachassistenten: „Möglicherweise wird Alexa ihren Besitzern demnächst Werbung vorsprechen. Aber grundsätzlich haben Google und auch Amazon hervorragende Möglichkeiten, Werbung auf ganz neue Art in die Haushalte der Konsumenten zu bringen. Ob das wirkungsvoll sein wird, bleibt abzuwarten.“ Zum Thema Programmatic Creation gibt sich Krügel zwiegespalten: „So, wie Programmatic derzeit in Österreich betrieben wird, entwickelt es keinen großen Mehrwert für Werbekunden. Entsprechend mau ist auch die Entwicklung.“ Wirklich spannend wird für ihn automatisierte Abwicklung im Bereich digitaler, aber auch klassischer Werbung erst durch die Verbindung der Möglichkeit von Echtzeit-Kampagnenmanagement und Kreation. Die Trends zur wachsenden Bedeutung von Social Media, Video-on-Demand und die Ära der Nonlinearität von TV sieht Krügel als teilweise überschaÅNtzt an. Nur beim Thema künstliche Intelligenz und Programmatic Creation geht er mit den Trendaussagen konform. Natürliches bieten. Individualisierung ist für CARAT-Geschäftsführer Jan Gorfer ein Kernthema der Zukunft. Natürlich brauche es ein übergeordnetes Markenversprechen, aber die einzelnen Facetten, die dieses Versprechen dann zum Leben erwecken, können unterschiedlich sein. Neben den technischen Möglichkeiten einer möglichst individuellen Verbreitung braucht es dafür natürlich auch den entsprechenden Content, so Gorfer. Das bringt ihn auch gleich zum nächsten Punkt: Geschwindigkeit. „Oft hat das rasche Nutzen einer sich bietenden Gelegenheit mehr Impact als das perfekt ausgeleuchtete und retuschierte Bild. Daher ist es nötig, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die rasches und unkompliziertes Kommunizieren ermöglichen.“ Dazu gehört das interne Set-up (wer darf was entscheiden und freigeben) auf Seite der Werbetreibenden genauso wie eine entsprechende Aufstellung der Agenturen und Partner, ist der CARAT-Chef überzeugt. Die Plattformen, die Individualisierung in entsprechender Geschwindigkeit erlauben, werden wichtiger werden, weil sie relevante Botscha Botschaften ermöglichen. Das sind für ihn alle sozialen Plattformen, aber auch alles, was reale Markenerlebnisse und echte Kontakte untereinander ermöglicht. Der absolut wichtigste Trend ist für Gorfer aber Authentizität. „Wenn ich viel Geld dafür investiere, Leute von mir zu überzeugen und sie einzuladen, sich mit mir auseinanderzusetzen, dann muss ich dafür sorgen, dass mein Laden in Ordnung ist. Ich schmeiße ja auch keine Party und kümmere mich dann nicht um die Gäste.“ Autor: Erika Hofbauer
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