Geoblocking ade

Streamingdienste und Video-on-Demand sind gefragt wie noch nie. Aus diesem Anlass revidiert die EU die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste

Die Revision der audiovisuellen Mediendiensterichtlinie (AVMD) geht in die heiße Phase. Am 25. April stimmte das Europäische Parlament über den Kommissionsvorschlag ab. Die neue AVMD-Richtlinie soll vereinheitlicht und aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Das bedeutet eine Ausweitung auf Videosharing-Plattformen und ein bewusstes Vorgehen gegen Provokationen zu terroristischen Anschlägen. Geoblocking soll bald der Vergangenheit angehören. YouTube und Netflix in der Pflicht. Die AVMD soll bald nicht mehr nur auf klassisches Fernsehen beschränkt sein. Alle Dienste, deren Hauptzweck die Bereitstellung audiovisueller Programme ist – ergo Videoplattformen -, fallen in Zukunft unter die Richtlinie. Die neuen Bestimmungen rufen Videosharing-Plattformen und Video-on-Demand-(VoD-)Anbieter wie YouTube und Netflix in die Pflicht. „Die neuen Verpflichtungen für Videoplattformanbieter beziehen sich auf die Pflichten in organisatorischer Hinsicht, nicht auf die Inhalte der hochgeladenen Videos“, erklärt Experte Matthias Traimer (siehe Factbox). Grund dafür: Plattformanbieter sind laut dere Commerce-Richtlinie im Gesetz lediglich als „Vermittler“ verankert. Mehr Europa, auch im Film. Videosharing-Anbieter müssen sich auch bezüglich der Zugänglichkeit ihres Contents neu aufstellen: Das vieldiskutierte Geoblocking soll bald der Vergangenheit angehören. Inhalte von You-Tube, Netflix und Co. stehen dann europaweit zur Verfügung. Der digitale Binnenstaat wird in der neuen Richtlinie besonders fokussiert. Auch bezüglich der Programmgestaltung rücken europäische Inhalte in den Fokus der Diksussion. Die Kommission schlug 20 Prozent Mindestanteil jener Inhalte bei Anbietern audiovisueller Dienste vor. Da Videosharing-Anbieter bereits einen Anteil von bis zu 27 Prozent europäischen Contents anbieten, einigte sich die EU auf 30 Prozent europäischer Filme auf Streaming-Plattformen. Zudem sollen europäische Werke in Zukunft durch direkte Beiträge oder Investitionen in nationale Filmfonds gefördert werden. Bewusst gegen Terrorismus. Hinsichtlich der Inhalte audiovisueller Medien wird verstärkt darauf Wert gelegt, Aufrufen zu Hass, Gewalt und Diskriminierung Einhalt zu gebieten. Dazu zählt auch die Provokation zu terroristischen Straftaten, die in der Revision der Richtlinie explizit ausformuliert wird. Weiters rückt der Jugendschutz in den Fokus: Minderjährige gelten als besonders schützenswert gegenüber Inhalten, die Hass, Gewalt oder Diskriminierung betreffen. Mitgliedstaaten sollen dies durch die Wahl der passenden Sendezeit und Altersüberprüfungswerkzeuge bewerkstelligen. Die inhaltlichen Verbote sind als Programmgrundsätze in den Geschäftsbedingungen angeführt. Zudem werden Meldemechanismen und Bewertungssysteme für Nutzer bereitgestellt. Diese können damit fragwürdige oder verbotene Inhalte melden. Werbung liberalisieren. Auch bezüglich der Werbung gibt es Änderungen. Die Richtlinien werden gelockert, das Stundenlimit für Fernsehwerbung soll bald passé sein. 20 Prozent beträgt der vorgesehene Höchstwert für den täglichen Sendezeitanteil von Teleshopping und Werbung. Das Europäische Parlament befürchtet eine damit einhergehende ‚Werbe-Flut‘ in derPrime-Time und plädiert für die Einführung eines vierstündigen Rahmens zur Hauptsendezeit, innerhalb dessen ein Werbeanteil von 20 Prozent nicht überschritten werden darf. „Die zeitlichen Bedingungen für Spots müssen zwar flexibler gehandhabt werden, gleichzeitig muss jedoch ein ausreichender Verbraucherschutz gewährt bleiben“, unterstreicht EU-Abgeordnete Sabine Verheyen. Die neue EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste wurde am 2. Mai am Forschungsinstitut für das Recht der elektronischen Massenmedien (REM) in Wien diskutiert. Im Rahmen eines Workshops widmeten sich Experten demThema. Der Leiter der Abteilung für Medienangelegenheiten im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst Dr. Matthias Traimer und die deutsche Abgeordnete zum EU-Parlament Sabine Verheyen, von der Fraktion der Europäischen Volkspartei sprachen über den aktuellen Stand der Verhandlungen.