Programmatic-Problem bei Publishern

Premium-Publisher in Deutschland klagen darüber, dass sie von den Vorteilen des programmatischen Werbehandels nicht genügend haben. Fehlende Transparenz und langfristige Exklusivverträge werden als Hauptmotive für den Unmut bei Publishern in Deutschland identifiziert. Es wird behauptet, dass Zwischenhändler und Unterhändler der Zwischenhändler mit digitalen Reichweiten der Verlage regen Handel treiben – und die Erlöse daraus fließen großteils in die Taschen der Händler. Eine bekannte Situation, aber in Österreich ist man darauf vorbereitet.
Martin Gaiger, GF Telekurier © kurier
Martin Gaiger, GF Telekurier
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Kontrollverlust. „In Österreich hat KURIER Digital immer Wert darauf gelegt, die Vermarktung selbst zu managen“, erläutert Geschäftsführer Martin Gaiger. Bei kurier.at habe man beispielsweise nur in sehr eng abgegrenzten Bereichen Beziehungen mit Drittvermarktern, also z.B. beim Native Advertising mit „Content Garden“ und „Outbrain“. „Wer seine Vermarktung Dritten überlässt, verliert die Kontrolle über sein Inventar und die Erlösentwicklung. Jede Zusammenlegung von Online-Angeboten, um ‚gemeinsam stärker zu sein‘, hat bisher zu Preisverfall, Kontrollverlust oder schlimmstenfalls zu beidem geführt“, berichtet Gaiger weiter. Dabei sei es egal, ob die Zusammenlegung durch Vermarkter erfolgte oder über programmatische Online-Werbemarktplätze. Programmatic Advertising bietet sowohl für Werbetreibende als auch für Publisher prinzipiell enorme neue Chancen, relativiert Alexis Johann, Geschäftsführer von Styria Digital One (SDO). „Für Werbetreibende ist die große Chance, dass sie effiziente, langfristige Kampagnenstrategien aufsetzen, bei denen sie ein hohes Maß an Flexibilität haben. Damit kann man Erkenntnisse aus erfolgreichen und misslungenen Kampagnenideen in nachhaltige Erfolge verwandeln. Man spart sich starre, unflexible Vereinbarungen über Drittunternehmen.“ Allerdings bedarf es einer hohen Kompetenz in der Umsetzung, räumt Johann ein, da angebotsseitig fragwürdiges und schlechtes Werbeinventar mitunter nur durch Experten identifiziert werden könne.
Alexis Johann, GF SDO 1 © Elke Mayr
Alexis Johann, GF SDO 1
© Elke Mayr
Überlegungen. In erster Linie haben jedoch Publisher die Möglichkeit, sofern sie mit ihren Usern und Portalen über spezielle USPs verfügen (Kaufkraft, Zielgruppensegmente, Sichtbarkeit, Markentransfer, etc.), über Programmatic die Anzahl der buchenden Werbekunden drastisch zu erhöhen. „Um auch daraus nachhaltige Erfolge erzielen zu können, gilt es aufzupassen, wie Preis, Portfolio, Angebotsstrategie und Verkauf organisiert sind“, analysiert der SDO-Chef. Im schlimmsten Fall zerstört eine schlechte Umsetzung von Programmatic Sales langfristig die Preise, die Gesamtmonetarisierung und den Kundenzugang. Es gilt also für Publisher darauf zu achten, dass sie sich entweder die Expertise selbst aufbauen – was freilich Kosten verursacht – oder mit verlässlichen Partner zu arbeiten, die zumeist auf Erfolgsbasis für sie Strategien umsetzen. Johann: „Die Entscheidung, welche Strategie – Premium oder ‚offen für alles‘ – umgesetzt wird, sollte dann im Dialog zwischen Publisher und Agentur bzw. Vermarkter erfolgen. Im besten Fall kommt es zum Know-how-Transfer, einer Maximierung der Monetarisierung und zum Aufbau neuer Kundenbeziehung.“ Kurzum: Es geht also zwischen Publisher und Vermarkter bzw. Agentur um Vertrauen und nachhaltige Formen der Zusammenarbeit. Erlösgenerierung. Vermarkter kosten freilich Geld, ebenso die vielen technischen Dienstleistungen, führt KURIER Digital-Chef Gaiger weiter aus: „Bis zu 50 Prozent gehen da schon einmal verloren. Das schlägt sich nicht nur auf den Magen der Publisher, sondern vor allem auf den Geldbeutel der Werbekunden.“ Je direkter das Geschäft zwischen Werber und Medienanbieter abgewickelt wird, desto besser für das Werbegeld des Kunden, schlussfolgert Gaiger: „Bei KURIER Digital setzen wir auf ein professionelles Kampagnen-Management für unsere Kunden. Ad Viewability und Brand-Safety können so gesichert werden. kurier.at Kunden wissen, wo wann ihre Sujets gesehen wurden und schätzen den positiven Image-Transfer eines seriösen Nachrichtenportals.“ Das werde geschätzt (und bezahlt) und stärke die Innovationskraft und Marktposition für noch bessere Werbeleistung, so Gaiger. SDO-Chef Johann kann die Sorge bezüglich langfristiger Verträge nicht nachvollziehen: „Wir raten jedem Publisher ab, jährlich den Vermarkter bzw. Partner oder auch die Sales-Strategie zu wechseln. Kundenbeziehungen zwischen Publisher, Vermarkter und Werbekunden bauen sich über Jahre auf. Je verlässlicher ein Publisher hier agiert, desto stärker steigen seine Erträge.“ Ab dem dritten Jahr einer Strategie-Umsetzung kommt der Verkauf so richtig in die Gänge, weiß Johann: „Der Blick auf die monatliche Netto-Erlössumme kann manchmal den Blick auf das Ganze verstellen.“ KPIs, die aus seiner Sicht wesentlich sind: Netto-TKP, Anzahl und Volumen der buchenden Kunden, Portfolio- Strategie und Preis-Strategie, die auf allen Verkaufskanälen durchgehend umgesetzt wird sowie die Sicherung der nachhaltigen Kundenbeziehung über Visibility sowie die Vermeidung von hohem Clutter. Autor: Erika Hofbauer