Handwerkszeug und strategische Fähigkeiten

© Corinna Kriesemer
PR-Beraterin Corinna Kriesemer

„Der Medienmanager von heute braucht ähnliche Kompetenzen wie früher: Die Fähigkeit, seine Zielgruppe zu verstehen und die Botschaften des Unternehmens in verständliche, ansprechende Worte zu verpacken!“

Mit ihrem Unternehmen cpw consulting ist Corinna Kriesemer in zwei Bereichen aktiv: Als PR-Beraterin sowie als Trainerin und Coach. Im MedienManager-Interview spricht sie über die Anforderungen an den Medienmanager von heute.

MedienManager: Das Thema Medienmanagement hat für die werbenden Unternehmen Österreichs in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Doch die Fragen „Aus welchen Unterzielgruppen setzt sich meine gesamte Zielgruppe zusammen und über welche der zahlreichen traditionellen und neuen digitalen Medienkanäle erreiche ich diese?“ bleiben oft unbeantwortet. Welches Know-how und welches Wissen muss ein Unternehmen im Zusammenhang mit dieser Entwicklung bei seinen „Medienmanagern“ organisieren und absichern?

Corinna Kriesemer: Handwerkszeug und strategische Fähigkeiten. Es geht darum, die zentrale Botschaft in den einzelnen Kanälen und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe umzusetzen – und zwar so, dass die Grundbotschaft weiterhin erkennbar ist. Es geht aber auch um Kompetenzen wie Sicherheit in der Texterstellung, Redaktionsplanung und Vernetzung der einzelnen Kanäle. Medienmanager müssen up to date sowie intern und extern vernetzt sein, denn sie sind die Übersetzer der Unternehmensbotschaften nach außen. Im Idealfall hat der Medienmanager Entscheidungskompetenzen darüber, welche Konzepte umgesetzt werden. Er berät seine Geschäftsleitung, welche Maßnahmen aus der Außensicht Sinn machen und Aussicht auf Erfolg haben. Leider passiert in vielen Unternehmen Medienarbeit „aus dem Bauch“ heraus. Dann wird der Medienmanager zum Erfüllungsgehilfen, und viele Chancen gehen verloren.

MedienManager: Die Medienwelt ist ständig im Wandel. Die Anforderung, darauf professionell zu reagieren, kann über Erfolg und Misserfolg einer Kampagne entscheiden. Ab welcher Unternehmensgröße halten Sie es für sinnvoll, eigene Experten zum Thema Medienmanagement zu beschäftigen?

Kriesemer: Da kann ich keine Größe festmachen. Ich glaube, es hängt eher von der Art des Unternehmens, der Komplexität der Produkte und der Bandbreite in den Zielgruppen ab – und an der Frage, welche strategische Bedeutung ich der Medienarbeit beimesse. Stellen Sie sich ein mittelgroßes B2B-Unternehmen mit einer sehr begrenzten Zielgruppe und einem sehr spezifischen, eng gefassten Portfolio vor, vielleicht dazu noch sehr technisch. Dann brauchen Sie einen Inhouse-Strategen, der das Produkt gut kennt, fachspezifisch kompetent ist und ein gutes Netzwerk zu einer begrenzten Zahl von Fachjournalisten aufbauen kann. Eine solche Anforderung werden Sie mit einer Agentur kaum erfüllen können.

MedienManager: Welche Bedeutung haben Agenturen, wenn es darum geht, ein Unternehmen medientechnisch professionell zu platzieren?

Kriesemer: Da ist die Bandbreite groß. Je nach Inhouse-Kapazitäten kann das von der reinen Redaktion bis hin zur ausgegliederten Pressestelle, teilweise auch mit der Überlassung von Agenturpersonal als Interim-Unterstützung in der Pressestelle, reichen. Als Unternehmen würde ich mir immer mehrere Fragen stellen: Wie kann ich meine gesetzten Ziele am effizientesten erreichen und langfristig meine eigenen, internen Kompetenzen stärken? In welchem Mix aus Inhouse und Agentur setze ich meine Ressourcen am besten ein? Wie möchte ich meine eigenen Kapazitäten weiterentwickeln? Und dann natürlich die alles entscheidende Frage: Welche Agentur ist der richtige Partner für mich? Das muss nicht immer eine große Agentur sein, manchmal hilft schon der richtige Freelancer.

MedienManager: Wir erleben seit vielen Jahren eine „digitalbesoffene“ Medienwelt. Die zentrale Frage scheint hier für die meisten österreichischen Werber zu lauten: „Print oder neue digitale Medien?“ Wie wird sich die Medienwelt Ihrer Meinung nach entwickeln und worauf muss ich als werbender Unternehmer bei der Aus- und Weiterbildung meiner Medienmanager achten?

Kriesemer: Lassen Sie mich hier zunächst an einer anderen Stelle ansetzen: Wie verändert sich unsere Unternehmenswelt mit Blick auf ihre Kunden? Auch hier ist das Stichwort „Digitalisierung“. Digitalisierung erlaubt es, Produktionsprozesse aus der Massenproduktion zu individualisieren. Das heißt, Sie können ein Produkt, für das Sie früher große Stückzahlen produzieren mussten, jetzt viel leichter an die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Nehmen Sie ein Möbelstück: Gefertigt in Masse, aber Sie haben 200 Farbtöne, Muster oder Oberflächen zur Auswahl. Im Kern dreht sich viel mehr um den Kunden und seine individuellen Bedürfnisse. Gleiches bei Medien: Die Idee, dass ich mir als Kunde meine individuelle Informationsplattform für meinen täglichen Medienbedarf zusammenstelle, ist heute keine Raketenwissenschaft mehr. Warum soll ich mir den Sportteil liefern lassen, wenn ich mich nur für das Feuilleton interessiere? Die individuelle Zeitung der Zukunft ist meine persönliche Zeitung – digital geliefert, mit Bildern und Videos natürlich. Für Werber bedeutet das, dass Werbung, wenn sie denn noch wahrgenommen werden möchte, diesem Trend zur Individualisierung folgen muss. Damit steigen auch die Anforderungen an die Medienmanager. Ich glaube, Sie müssen sich nicht darauf einlassen, werbetechnisch immer auf dem neuesten Stand zu sein und die neuesten Algorithmen von Suchmaschinen und Social Media zu verstehen. Das sollten Daten- und Programmierprofis können. Der Medienmanager braucht ähnliche Kompetenzen wie auch früher schon: Die Fähigkeit, die Zielgruppen zu verstehen, die Botschaften seines Unternehmens in verständliche, ansprechende Worte zu packen und intern als Berater zu arbeiten, mit welchen Medien-Strategien und Maßnahmen die Ziele des Unternehmens am besten zu erreichen sind. 

Interview: Otto Koller