Clash der Kulturen

© Andy Wilson
Andy Wilson

Die nächste Generation, die den Arbeitsmarkt aufmischen wird, ist damit aufgewachsen, Freundschaften über Onlinedienste zu schließen und zu halten, hat sich im E-Sport gemessen und Probleme völlig remote über Spielkonsolen, Mobilgeräte oder Tablets gelöst. Sie hat sich daran gewöhnt und es perfektioniert, mithilfe von Headsets und Screens zu kollaborieren, Dinge zu entwickeln, zu kämpfen und gemeinsame Ziele zu erreichen. Aber wenn diese Arbeitskräfte ihren ersten Job antreten, dann werden sie viel zu häufig gezwungen, ihr wahres Leben und ihre wertvollen Erfahrungen an der Garderobe abzugeben. Sie sollen vergessen, wie gut sie gelernt haben digital zusammenzuarbeiten, und sich dem alten Arbeitstrott unterordnen. Wir haben das bereits in der Mitte der 2000er-Jahre mit Social Media erlebt, als die Geschäftswelt es nicht schaffte, sich die Kompetenzen neuer Arbeitskräfte zu eigen zu machen, schließlich aber realisieren musste, dass die Kunden nach einer neuen Art der Bindung verlangten. Und so kam es auf dem Weg dorthin zu Verlusten und Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern. Im Jahr 2020 werden erneut Kulturen aufeinanderprallen. Angestoßen von denen, die eine neue Art zu arbeiten kennen und fest an sie glauben. Die Stärke von Medienunternehmen wird sich darin zeigen, das Wissen junger Talente zu schätzen und es sinnvoll zu nutzen.

Agenturen in Bewegung. Heimwärts. Eine Armee kreativer Produzenten, Designer, Autoren und Reporter arbeitet bereits auf jeder beliebigen Plattform, zu jeder Zeit, entwickelt und veröffentlicht Ideen von unterwegs. Man denke an eine Naturdokumentation – üblicherweise wird sie nicht im Büro gefilmt (Pinguine mögen diese Umgebung nicht besonders). Teams haben gelernt, bei der Frage nach dem Wo und Wie ihrer Arbeit flexibel zu sein. Die Arbeit von zuhause ist für Kreativagenturen längst zum Standard geworden.

Ich beobachte es jetzt schon bei vielen Digitalagenturen, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Kreative Assets werden von Remote Worker zu Remote Worker weitergereicht und bearbeitet. Heute kann man sich aus einem globalen Talentpool aussuchen, mit wem man arbeiten will, und muss nicht gezwungenermaßen die Person wählen, welche sich in maximaler Nähe zum Büro befindet. Wer Remote Work nicht versteht und als festen Bestandteil in Arbeitsabläufe integriert, wird es 2020 schwer haben!

Realität vernetzter Produktion. Im Lauf des Jahres 2020 werden Teams ohne Ende mit dem Hype rund um 5G konfrontiert werden. Die wahre Revolution ist, dass diese Konnektivität neue Möglichkeiten für Cloud und Remote Work erschließen wird – sie wird Teams noch besser erlauben, am Ort ihrer Wahl zu verweilen und einfach nur den Content zu verschicken und über Tools wie Zoom oder Slack zu kommunizieren. Das spart CO2, Reisekosten und Zeit.

5G wird einen Wandel bringen, aber es bedarf eines fundamentalen Wandels über Systeme, Infrastrukturen, Investitionen und Geschäftsmodelle hinweg, um daraus vollen Vorteil zu ziehen. Meine These: Nicht 5G ist der Wandel, sondern alles, was daraus entspringt.

Sprachassistenten für Meetings, Interviews, das Leben. Google hat seine Pixel-4-Mobilplattform jüngst um Live-Sprach-transkription erweitert – was auf die Popularität von Alexa, Google Home und Siri als smarte Lautsprecher in den eigenen vier Wänden zurückzuführen ist. Natürlich fußt die „Magie“ all dieser Dienste auf einer superschnellen Sprachverarbeitung.

Aber was passiert, wenn man diese smarte Heimtechnologie ins Arbeitsleben bringt? Wenn man in Meetings Schlagworte verwendet, Journalisten mit sofortigen Transkripten von Interviews versorgt werden können – sogar mit 1-zu-1-Aufzeichnungen?    Interessante Anbieter wie Otter.ai und Simon Says geben uns bereits jetzt einen Ausblick, wo wir in Zukunft sein könnten. Aber malen wir uns mal aus, wo das Ganze als Nächstes hinführen wird: Ich bin überzeugt, dass Produktionsprozesse für Medienmacher durch den Fortschritt in der Sprache-zu-Text-Produktivität in diesem Jahr enorm beschleunigt werden.

Die rasante Zunahme von Re-mote Work, Remote Production und globalen Lieferketten haben einen enormen Einfluss auf das individuelle Arbeitsleben – ob man will oder nicht. Die Notwendigkeit eines integrativen, smarteren Arbeitsplatzes ist unübersehbar, denn das Leben moderner Wissensarbeiter wird bereits jetzt vom Jonglieren mit verschiedensten Tools über zahlreiche Kommunikationswege und verteilten Inhalten bestimmt.