Kunden-Feedback als Marketinginstrument

Reviews zählen zu den wichtigsten Feedback-Quellen im Netz. Kunden und Suchmaschinen treffen jeden Tag Entscheidungen pro oder kontra Marken und Unternehmen. Kritiker zu Kunden machen – das ist die Königsklasse.

Laut einer GfK-Studie lesen etwa zwei Drittel der Deutschen (und ähnlich wahrscheinlich die Österreicher) Reviews im Internet, bevor sie Kaufentscheidungen treffen. Eine Umfrage von Yext hat außerdem ergeben, dass Bewertungen für eine 153 Prozent höhere Klickrate sorgen. Wer diese wichtige Quelle für Kunden-Feedback nicht ausreichend würdigt, verschenkt möglicherweise Umsatz.

© Dmitriy/AdobeStock
© Dmitriy/AdobeStock

Richtig nutzen. Thomas Kloos, Geschäftsführer der .kloos KG für Digitales Marketing, kennt sich in der Welt von Reviews und Feedback aus: „Sobald ein Kunde etwas gekauft hat, sobald ein Gast in einem Hotel war, sobald ein Kunde zufrieden mit einer Dienstleistung war, sollte er automatisiert eine Nachricht bekommen, in der um ein kurzes Feedback oder eine Bewertung gebeten wird. Man kann das zum Beispiel über ein CRM-System sehr gut umsetzen und automatisieren. Wichtig dabei ist, dass man es dem Kunden so leicht wie möglich macht.“ Hat man einen überschaubaren Kundenstamm, kann das natürlich auch manuell geschehen, so Kloos: „Kleine Geschäfte, Dienstleister oder Mediziner können persönlich um eine Bewertung bitten, indem sie E-Mails verschicken oder auch Kärtchen mit einem QR-Code verteilen, über den man direkt zur Bewertungsplattform kommt.“ Wenn Kunden zufrieden sind, geben sie in der Regel auch gerne positives Feedback, weiß Kloos, jedoch: „Oft nutzen sie dafür aber nicht den besten Kanal, sondern schicken einfach eine E-Mail. Man muss Kunden also unbedingt dazu auffordern, eine Bewertung zu schreiben, und ihnen auch die Plattform dafür vorgeben.“

Beispiele. Die Digitalagentur Virtual Identity (VI) hat sich dem Digital & Social Media Marketing verschrieben, erläutert Managing Director Amir Tavakolian die Businessrelevanz anhand eines Beispiels: „Seit 2015 zeichnet Virtual Identity als Digitalagentur für Volkswagen Financial Services (VW FS) verantwortlich. Dem Unternehmen sind zwei Arten von Reviews wesentlich: jene der Kunden zu den zahlreichen einzelnen Mietwagen-Stationen und jene der Mitarbeiter zu VW FS als Arbeitgeber.“ VI erstellt, verwaltet und beantwortet in enger Abstimmung mit dem Kunden Anfragen an Mietwagen-Stationen auf allen gängigen Review-Plattformen. „Das ist nicht nur ein wesentlicher Treiber für SEO, sondern gibt dem Unternehmen auch die Möglichkeit, schnell von seinen Kunden zu lernen und diese konkreten Learnings und Erfahrungen in die Praxis einfließen zu lassen.“ Analog dazu verfährt man mit den Mitarbeiter-Bewertungen. „Die Rückmeldungen von über 500 Mitarbeitern sind ein wichtiger Navigator für die Geschäftsführung“, so Tavakolian. Amazon wiederum ist die wichtigste Produktsuchmaschine der Welt, und daher sind die Bewertungen für die Konsumenten eine der wichtigsten Informationsquellen über ein Produkt, erklärt Karim-Patrick Bannour, Geschäftsführer DACH des Amazon-Marketing-Beratungsunternehmens MarktPlatz1: „Amazon-Richtlinien-konforme Möglichkeiten, um Produktbewertungen wirklich spürbar und gezielt zu steigern, gibt es eigentlich nur eine einzige: den sogenannten Amazon VINE Produkttesterclub“, so Bannour. Für Amazon.de sind hier die 10.000 „erfolgreichsten“ Bewerter drin, die von Amazon in diesen VINE-Club eingeladen werden, weil sie besonders viele und aussagekräftige Bewertungen verfassen (die wiederum von anderen Kunden als „nützlich“ bewertet wurden). „Die Tester können dann Produkte in diesem Club abfragen und sich kostenlos nach Hause senden lassen und anschließend bewerten. Die VINE-Bewertungen sind oft sehr ausführlich geschrieben, und auch der Amazon Algorithmus dürfte diese Bewertungen besonders einstufen. Mittels VINE kann man also ein neues Produkt besonders gut pushen“, so Bannour weiter. Aktuell steht das VINE-Programm nur Vendoren zur Verfügung. Seitens Amazon ist jedoch geplant, den VINE-Club auch 3rd-Party-Anbietern, also Sellern (Händlern) zugänglich zu machen.

Digital-Marketing-Experte Thomas Kloos identifiziert drei Arten von negativer Kritik: „Berechtigte Kritik muss man ernst nehmen, darauf eingehen und jedenfalls eine Antwort verfassen. Am besten bedankt man sich für das aufrichtige Feedback, entschuldigt sich und beschreibt die geplanten Maßnahmen, um das Problem in Zukunft zu verhindern. Dann gibt es die ungerechtfertigte oder übertriebene Kritik. Diese ist oft die schwierigste Art, da hier bereits die Emotionen hochgehen. Wenn man darauf antwortet, ist der Adressat unserer Antwort in erster Linie nicht der Verfasser der Kritik, sondern andere Nutzer, die diese Kritik lesen.“ Sind Bewertungen schließlich unsachlich oder sogar untergriffig formuliert, verstoßen sie oft gegen die Regeln der Review-Plattformen. Hier kann man diese Bewertungen melden und eine Löschung beantragen. „Wichtig ist es jedenfalls, dass man nicht emotional reagiert, sondern eine wohlüberlegte Strategie verfolgt.“ Wie sehen für ihn die künftigen Herausforderungen in Sachen „Kunden-Feedback“ aus? „Die große Herausforderung beim öffentlichen Kunden-Feedback ist es, die ‚schweigende Mehrheit‘, also die vielen zufriedenen Kunden, zu aktivieren. Wenn Menschen verärgert sind – zu Recht oder auch zu Unrecht – ist ihre erste Reaktion oft, diesen Frust nach außen zu tragen. Bewertungsplattformen bieten dafür eine hervorragende Möglichkeit. Das verzerrt aber das Bild, da man ohne Eigeninitiative mehr und intensivere negative Bewertungen bekommt als positive.“ Man muss also Prozesse definieren, wie besonders die zufriedenen Kunden bewegt werden können, ihre positiven Erfahrungen im Web zu teilen.

Bewertungsdschungel. Bewertungen sind eine harte Währung, um die auch mit harten Bandagen gekämpft wird, analysiert Karim-Patrick Bannour, Country Manager Österreich der Marktplatz-Agentur MarktPlatz1, zuständig für den DACH-Raum: „Amazon ist erst seit Kurzem wirklich ernsthafter bemüht, illegalen Methoden den Riegel vorzuschieben, aber noch weit entfernt, das wirklich konsequent und flächendeckend zu schaffen.“ Konsumenten können sich in diesem Bewertungsdschungel helfen, indem sie immer einen kritischen Blick auf die Bewertungen (Absender und Inhalt) werfen und zusätzlich Tools wie https://www.fakespot.com/ oder https://reviewmeta.com/ nutzen, rät Bannour. Die häufigste Quelle negativer Bewertungen auf Amazon ist eine falsche oder unvollständige Produktbeschreibung, z. B. wenn bei Lebensmitteln nicht wirklich alle Inhaltsstoffe korrekt oder vollständig angegeben sind, erläutert Bannour: „Der Kunde bestellt dann das Produkt und erkennt erst bei der Lieferung, dass er das Produkt gar nicht konsumieren möchte oder darf aufgrund bestimmter Inhaltsstoffe. Was macht man dann als Erstes: zurückschicken und negativ bewerten. Falsche oder fehlende Größenangaben, falsche Farbdarstellungen usw. führen ebenfalls zu einer höheren Retouren- und Negativbewertungsquote.“ Aber auch zu viel des Guten ist schlecht: „Ein zu positives – und daher nicht realistisches – Bewertungsbild führt zu einer Gegenreaktion in Form negativer Bewertungen.“ Wenn man eine negative Produkt- oder Händlerbewertung erhält, muss man auf Amazon schnell reagieren und kann versuchen, dem Konsumenten eine Lösung anzubieten (z. B. das Produkt noch mal in der richtigen Größe schicken) oder zumindest professionell und sachlich darauf zu reagieren, damit wenigstens alle zukünftigen Bewertungsleser erkennen, dass es sich hier offensichtlich um einen Einzelfall gehandelt hat, empfiehlt der Amazon-Marketing-Experte. Wie sieht er die künftigen Herausforderungen in Sachen Kunden-Feedback? „Die Wertigkeit der Bewertungen auf Amazon wird sicher nicht ab-, sondern noch zunehmen, daher sind alle Akteure – vom Gesetzgeber über Plattformanbieter bis zu Händlern und Käufern – gefordert, Spielregeln zu definieren und sich daran zu halten“, so Bannour. In einigen Ländern geht der jeweilige Gesetzgeber ja schon den Weg, die Plattformen zukünftig für die Echtheit und Qualität der Bewertungen in die Pflicht zu nehmen.