Video setzt sich durch – Jetzt!

Wir alle sitzen in Quarantäne. Das ist auch eine Chance, ein boomendes Medium neu zu lernen und in die Unternehmenskommunikation aufzunehmen: Video, aktuell allgegenwärtig, wartet darauf von ihnen erobert zu werden. Der MedienManager zeigt ihnen, wie.

Das 21. Jahrhundert. Zugegeben, es kommt etwas anders daher, als wir uns das vorgestellt haben: Corona-Krise, Klima-Krise, Flüchtlingskrise – doch halt:
Nebst all der Weltuntergangsszenarien blühen manche Bereiche gerade so richtig auf. So erlebt etwa die Kommunikation über Videos ein ungekanntes Hoch. Ob klassisches TV, Streaming, Social-Media-Clips oder Video-Gruppen-Chats – mehr Video gab es in unserem Alltag noch nie. Und genau da wartet nun ihre Chance auf sie.
Nutzen sie die Zeit der Quarantäne, um ihre Kundenkommunikation auf 21.Jahrhundert-Niveau zu bringen. Um sich in einem Video direkt an ihre Kunden zu wenden und mit ihnen über die aktuelle Situation zu sprechen. Oder Erklär- und Aktions-Videos für die Zeit nach der Quarantäne vorzubereiten. Es gibt so viel zu tun und ihr erstes und wichtigstes Arbeitsgerät liegt direkt neben ihnen: ihr allzeit bereites Smartphone.
Smartphone-Video-Trainer David Kleinl macht seit Jahren Unternehmen und Journalisten videofit und definiert für den MedienManager die wichtigsten Grundregeln: „Die kleinen Kameras der Smartphones sind oft lichtschwach, filmen Sie daher in gut ausgeleuchteten Umgebungen. Am besten bei Tageslicht. Wenn Sie direkte Ansprachen in die Kamera machen, können Sie dies zum Beispiel sehr gut direkt vor einem großen Fenster mit Blick Richtung Fenster machen. Falls sie kein Stativ haben, pressen sie zur Stabilisierung ihr Smartphone einfach gegen die Scheibe des Fensters. Je näher Sie dem Smartphone sind, desto besser klingt der Ton. In lauter Umgebung können sie auch ihr Smartphone-Kopfhörer-Headset als Mikrofon verwenden. Möchten Sie Tätigkeiten oder Arbeitsabläufe dokumentieren, versuchen Sie ihr Smartphone so ruhig wir möglich zu führen. „Sammeln“ Sie Aktionen oder Abläufe aus verschiedenen Blickwinkeln. Lassen Sie jede Aufnahme mindestens 7-10 Sekunden laufen. Generell gilt: Fixieren Sie so oft es geht Fokus und Belichtung. Als Videoschnitt-App empfehlen sich InShot, Kinemaster oder Enlight Videoleap (iOS).“
Sollte ihre experimentelle Phase nicht das gewünschte Ergebnis bringen, haben sie zumindest Erfahrung gesammelt und können Sie sich nun immer noch vertrauensvoll an die Profis wenden.
Christoph Rauth hat sich mit Chiffre Noir Media auf KMU spezialisiert und betreut seit Jahren Unternehmen bei professionellen Videoauftritten: „Video hat den großen Vorteil auch komplexe Inhalte einfach vermitteln zu können und die Zuseher längere Zeit zu binden als beispielsweise ein Foto. Wenn man beispielsweise an die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von 90-Sekündern denkt, welche je nach Aufwand ab ca. 4000€ umsetzbar sind, wird klar, warum Video aus Marketing- und Image-strategischer Sicht aus einer seriösen Strategie nicht mehr wegzudenken ist.“
Auch Martin Wolfram, Geschäftsführer von News On Video, rät Unternehmern dazu, sich mit audiovisuellen Inhalten verstärkt auseinanderzusetzen: „Video wird immer stärker zur Kommunikationsform für alle. Genau hier sollten auch gerade kleine und mittelständische Unternehmen ansetzen:


  1. Ermöglichen Sie Ihren MitarbeiterInnen Videokommunikation im engeren Sinne, also Sitzungen über Tools wie Zoom oder Google Hangout. So gewöhnen sich alle an diese neuen Formen der Kommunikation und denken bald digitaler!

  2. Ermöglichen Sie Ihren MitarbeiterInnen, selbst Videos am Smartphone zu drehen und kleine Clips für Ihre interne und externe Kommunikation zu erstellen – jetzt ist viel Zeit für Experimente.

  3. Setzen Sie sich damit auseinander, welche digitalen Kanäle Sie mit Video bespielen können, wo Ihre Zielgruppen sitzen und was die Menschen dort sehen wollen. Jetzt haben Sie auch selbst mehr Zeit für facebook, instagram, linkedIn – und vielleicht sogar TikTok. Auch die größten Social Media-Muffel werden sehen: das macht viel Spaß!“


Wer bis jetzt gezögert hat, Video in der Unternehmenskommunikation einzusetzen, der lese die Zeichen der Zeit. Video ist aktuell allgegenwärtig, möchten sie das mit ihren unternehmerischen Botschaften nicht ebenso sein?

 

Gastkommentar von Markus Lust,
Head of Cultural Strategy VICE/Virtue Austria:

Wir leben zwar gerade in ungewissen Zeiten, aber eine Sache wissen wir schon jetzt: Es braucht erst eine handfeste Pandemie, damit sich Videotelefonie wirklich durchsetzt. Was vor COVID-19 für einen internationalen Call pro Woche reserviert war, ist inzwischen zum Default-Modus für zwischenmenschliche Kommunikation geworden; bis hin zu gemeinsamen Filmabenden via Videochat.
Das Spannende daran ist für mich, dass das soziale Leben nicht nur noch digitaler, sondern auch unmittelbarer und dadurch seltsamerweise auch wieder intimer geworden ist. Das gilt im Privaten, wo wir inzwischen in fast jedem Zustand bereit sind, die Kamera in unser Wohnzimmer zu lassen, aber auch in der Popkultur: zum Beispiel, wenn John Oliver ohne Publikum aufzeichnet und es kein hysterisches Lachen mehr gibt; oder wenn TV-Wrestling ohne jubelnde Fans auf einmal zu absurdem Avantgarde-Theater wird (also: noch mehr als sonst); oder auch wenn es bei Musik- und Film-Festivals, die jetzt als Streaming stattfinden, nicht mehr um die Seitenblicke-Society, sondern wirklich um die Kulturprodukte geht. Die Gesellschaft wird also gerade weniger aufgeregt, weniger laut, weniger fake – und das alles ausgerechnet wegen der Smartphones und Computerbildschirme, die die Digital-Detoxer bis vor kurzem noch verteufelt haben.
Auch für Unternehmen tut sich einiges. Zum ersten Mal seit Beginn des Internets haben Brands kein Defizit an Aufmerksamkeit mehr, sondern einen Überschuss. Die meisten von uns haben mehr Zeit, und diejenigen ohne Kinder haben auch mehr Kapazitäten – was auch bedeutet, dass wir alle genauer hinschauen und uns von Marken mehr erwarten als halblustige, semi-kreative Nabelschauen mit Produkthinweisen. Die Frage, die sich jetzt jede Marke gefallen lassen muss, wenn sie zu Covid-19 kommuniziert, ist: Was trägst du abgesehen von leeren Durchhalteparolen wirklich bei, um die Situation besser zu machen? Das muss nicht immer ernsthafte, bedeutungsschwangere Hilfe sein, man kann auch Ablenkung und Komfort in schweren Zeiten bieten – aber es muss Sinn machen, zum Markenkern passen und glaubwürdig sein. Mehr denn je müssen sich Unternehmen fragen, ob das, was sie kommunizieren wollen – was in den meisten Fällen heißt: „irgendwas zum Coronavirus“ – auch wirklich das ist, was die Menschen gerade hören müssen.
Covid-19 ist damit auf gewisse Weise ein Bullshit-Detektor und Glaubwürdigkeits-Check für Brands.
Das gilt auch für Video-Streams, die natürlich jedes Unternehmen gerade möglichst kreativ und unique für sich nutzen will.
Kaum ein Unternehmen, die auf digitale Kommunikation setzt, versucht derzeit nicht, irgendein Video-Event-Format aus dem Boden zu stampfen, um mit seiner Audience verbunden zu bleiben und zu beweisen, wie innovativ, agil und anpassungsfähig es ist. Das führt binnen kürzester Zeit zu einem Überangebot. Video-Streams sind gewissermaßen die neuen Podcasts der Copvid-Ära.
Das hat für sendungsbewusste Marken starke Implikationen:
Jetzt, wo alle dieselben Video-Tools verwenden und jeder Wohnzimmer-Stream gleich aussieht, sich aber auch noch keine neue Videostream-Ästhetik etabliert hat, gibt es nur wenige Möglichkeiten, sich voneinander abzuheben. Im Vergleich zu Offline-Konferenzen oder Reallife-Events bedeutet das auch: Man kann nicht mehr mit Blendgranaten wie protzigen Venues davon ablenken, dass man inhaltlich abgesehen von Brötchen nicht viel zu bieten hat.
Für Brands, die nichts zu sagen haben, sind das schlechte Nachrichten. Für Brands, die bisher „nur“ gute Ideen, aber nicht die Ressourcen für Society-Pomp hatten, sind das ziemlich gute.
Insofern fungiert Covid-19 indirekt auch als Innovationstreiber. Das merkt man auch daran, dass gerade überall im sonst so behäbigen Österreich plötzlich neue Video On Demand Services von Kinos aus dem Boden sprießen. Krisen zeigen uns eben auch, wie adaptionsfähig wir wirklich sind, wenn es sein muss. Und spätestens seit dem ersten WhatsApp-Videocall mit meiner Oma bin ich mir sicher, dass wir das quer über die Generationen schaffen werden.