Junge Nutzer drohen klassischen Medien wieder wegzubrechen

Durch das Informationsbedürfnis im Zuge der Coronakrise ist die Bedeutung von Journalismus und klassischen Medien in der Bevölkerung gestiegen. Auch junges Publikum konnte gewonnen werden. Dieses droht nun aber wieder in andere Kanäle abzuwandern, wie am Dienstag präsentierte Daten des Gallup-Instituts in Kooperation mit dem Medienhaus Wien zeigten. Um diese Zielgruppe langfristig binden zu können, brauche es verstärkte Angebote – etwa im Digitalbereich, so der Sukkus.

Das Institut erhebt seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 regelmäßig die Stimmungslage sowie die Mediennutzung in der Coronakrise. Für die aktuelle Umfrage wurden 1.000 Personen zwischen 15. und 19. April online befragt. Sie ist repräsentativ für die webaktive Bevölkerung ab 16 Jahren.

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass es zwar im Zuge der Krise eine verstärkte Hinwendung zu etablierten Medien gegeben habe, diese aber nicht stabil gewesen sei, sagte Andrea Fronaschütz, Leiterin des Gallup-Instituts, in einer Online-Pressekonferenz. Das zeige sich besonders bei den 16- bis 30-Jährigen. Lagen im April 2020 – zur Hochphase der ersten Corona-Welle – Social-Media-Plattformen in der Nutzung mit 42 Prozent weit hinter TV-Nachrichten (78 Prozent), Zeitungen (57 Prozent) und Radio (46 Prozent) zurück, liegen die Sozialen Medien als Infoquelle inzwischen wieder an zweiter Stelle und mit 67 Prozent beinahe wieder gleich auf mit Fernsehen (69 Prozent).

„Junge, die in der Pandemie zum ORF oder zu Qualitätsprintmarken gewechselt sind, brechen jetzt wieder weg“, resümierte Fronaschütz: „Die sind mit Corona emotional durch.“ Allein die Berichterstattung über das Virus schaffe es nicht, diese Zielgruppe nachhaltig zu binden.

Vor allem mit Blick auf das vergangene Jahr zeige sich, dass das niedrige Alterssegment sich vor allem in Phasen großer subjektiver Betroffenheit – also z.B. Sorge vor Ansteckung – etablierten Medien zugewendet habe, erklärte Medienhaus-Wien-Geschäftsführer Andy Kaltenbrunner. Sobald die Situation wieder besser eingeschätzt wurde, fielen die jungen Nutzerinnen und Nutzer wieder zusehends ab.

Trotzdem gibt es Grund zur Zuversicht für klassische Medien, eine neue Generation zu gewinnen. Die Zauberformel dafür lautet – wenig überraschend – Online-Angebote mit Partizipationsmöglichkeit. Denn die Umfrage zeige, dass junge Menschen sich überdurchschnittlich mit digitalen Inhalten auseinandersetzen. 40 Prozent der 16- bis 30-Jährigen geben an, an Foren-Debatten teilgenommen, Artikel kommentiert und/oder Nachrichten per Mail oder Social-Media-Account mit anderen geteilt zu haben. In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Anteil bei 28 Prozent.

„Das Dilemma ist immer: Wie lässt sich damit Geld verdienen?“, so Kaltenbrunner. Auch hier gibt es positive Nachrichten. Denn die Bereitschaft der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Digitalabos abzuschließen bzw. für bestimmte Medieninhalte zu bezahlen, liegt über dem Durchschnitt. Zehn Prozent der Unter-30-Jährigen geben an, bereits ein Digitalabo bei einem Medium abgeschlossen zu haben, weitere 27 Prozent können sich dies vorstellen. In der Gesamtbevölkerung sind dies 13 bzw. 14 Prozent.

Um junges Publikum anzusprechen, sei aber auch eine personelle Verjüngung in den Medienunternehmen nötig, um für diese Zielgruppe interessante Inhalte in einer adäquaten Sprache bereitstellen zu können, gab Kaltenbrunner zu bedenken: „Da braucht es mehr als zehn Prozent Unter-30-Jährige in den Redaktionen. Das ist derzeit aber nicht der Fall.“