Kritik an Akkreditierungs-Entzug für Türkei-Korrespondenten

Der Entzug der Akkreditierung für drei deutsche Türkei-Korrespondenten steht zunehmend in der Kritik. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) nannte die Entscheidung „willkürlich“ und forderte ihre Rücknahme. Auch ein Abgeordneter der türkischen Regierungspartei AKP, Mustafa Yeneroglu, kritisierte das Vorgehen.

Das deutsche Auswärtige Amt hatte bereits am Freitag gegen das Vorgehen protestiert, von dem der ZDF-Studioleiter in Istanbul sowie Korrespondenten des „Tagesspiegel“ und des NDR betroffen sind. „Die willkürliche Verweigerung von Akkreditierungen für Korrespondenten in der Türkei ist pure Schikane“, sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner dem „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe). Die Pressefreiheit dürfe nicht weiter eingeschränkt werden.

Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall schrieb in einem Gastbeitrag für die „taz“ (Montagsausgabe), „für Medienmenschen in der Türkei gehören solche Repressalien zum Alltag“. Er bekräftigte den Wunsch nach einem UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von journalistisch Tätigen. Der Bundestag habe sich bereits im Sommer dafür ausgesprochen. „Es wird Zeit, dass den Worten endlich Taten folgen.“

Er könne die Entscheidung Ankaras „weder nachvollziehen noch gutheißen“, sagte Yeneroglu, der lange Zeit in Deutschland lebte, am Samstag dem ARD-Studio in Istanbul. „Es schadet dem Ansehen der Türkei und kann daher nicht im Interesse der Türkei sein.“

Journalisten könnten in der Türkei frei arbeiten, sagte Yeneroglu, der 2017 die Wahlkampagne der Partei von Staatschef Recep Tayyip Erdogan im Ausland geleitet hatte. Er gehe davon aus, „dass die Entscheidung auch bald berichtigt wird“.

Auch er hoffe, dass die türkischen Behörden ihre Entscheidung revidierten, erklärte „Tagesspiegel“-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron am Samstag. Es handle sich um einen „schweren Eingriff in die Pressefreiheit. Solche Methoden kennen wir sonst nur aus Staaten wie Venezuela und Libyen“. Sollte es bei der Entscheidung bleiben, müssten die betroffenen Journalisten in der Türkei binnen zehn Tagen das Land verlassen.

Am Freitag hatte die Informationsabteilung des türkischen Präsidialamts dem ZDF-Studioleiter in Istanbul, Jörg Brase, und Thomas Seibert, der unter anderem für den Berliner „Tagesspiegel“ aus der Türkei berichtet, die Verlängerung ihrer Akkreditierung verweigert. Beide kündigten Einspruch gegen die Entscheidung an.

Am Samstag wurde bekannt, dass auch dem NDR-Journalisten Halil Gülbeyaz die Akkreditierung verweigert wurde. Wie in den anderen beiden Fällen habe es auch hier keine Begründung für die Entscheidung gegeben, erklärte Gülbeyaz. Er ist seit zwölf Jahren für das NDR-Fernsehen in der Türkei als Journalist akkreditiert. Er hat Wohnsitze in Istanbul und Berlin und ist derzeit in der Bundeshauptstadt.

Insgesamt warten zwei Monate nach Ablauf der alten Pressekarten zum Jahreswechsel noch rund 80 ausländische Journalisten in der Türkei auf ihre neue Akkreditierung, wie aus informierten Kreisen verlautete. Darunter sind auch zahlreiche Deutsche. Die Pressekarte ist in der Regel die Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht die Türkei auf Platz 157 von 180 Ländern. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder europäische Journalisten unter „Terrorverdacht“ festgenommen, darunter der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel und die Journalistin Mesale Tolu.