Sommerer: Prix Ars Electronica gibt Karriereschub

Das Ars Electronica Festival gibt es seit 1979, den Prix Ars Electronica seit 1987, die erste österreichische Preisträgerin war 1994 Christa Sommerer – gemeinsam mit ihrem französischen Partner Laurent Mignonneau. Für die APA erinnerte sie sich an die Goldene Nica vor 25 Jahren, ihre Karriere seither und die Entwicklung der Medienkunst.

Sommerer und Mignonneau bekamen die Goldene Nica 1994 als noch junge Künstler in der Kategorie Interactive Art für ihr Projekt „A-Volve“, bei dem Besucher mehrere künstliche Lebewesen kreieren oder versuchen konnten, Wesen zu fangen und zur Fortpflanzung anzuregen. „Das hat uns viele Türen geöffnet“, erklärte Sommerer. Ein Amerika-Stipendium hatten die beiden schon in der Tasche, mit der Goldenen Nica kamen sie aber nach Japan, als Artist in Residence zum Medienkunstzentrum ICC von Nippon Telegraph and Telephone. „Daraus hat sich dann eine zehnjährige Karriere in Japan ergeben“, in der sie auch an der Medienkunstuni IAMAS unterrichteten.

Auch heute gebe eine Goldene Nica einen Schub in der Karriere, bestätigte Sommerer. „Die Leute bekommen mehr Ausstellungseinladungen, mehr Aufmerksamkeit, es ist schon ein Qualitätsmerkmal.“ Sie ermutige ihre Studierenden an der Linzer Kunstuni, wo sie nach der Rückkehr aus Japan mit Mignonneau das Department für Interface Cultures aufbaute, immer, sich dem Wettbewerb zu stellen. „Es ist gut, wenn man sich schon während des Studiums Netzwerke aufbaut und dann nicht mit nichts dasteht“, erinnerte sie sich an ihren eigenen Schock, als nach dem Bildhauerei-Studium kaum jemand ihre Werke sehen wollte – was die gebürtige Ohlsdorferin zur Medienkunst brachte.

Im Gegensatz zur zeitgenössischen Kunst sei die Medienkunst sehr durchlässig und hungrig nach Neuem, „es ist eine offene Szene, der totale Newcomer kann sich überall bewerben und da reinkommen“. Freilich dürfe man nicht erwarten, gleich im Studium eine Goldene Nica zu gewinnen, aber wenn man tüchtig sei und sich viel bewerbe, könne man gute Präsentationsmöglichkeiten finden. Einer ihrer Doktoranden, Cesar Escudero Andaluz, reiche viel ein und habe ihr erzählt, „von zehn Sachen wird eine was“.

Ein weiterer ihrer umtriebigen Studenten, Stefan Tiefengraber, war im Vorjahr mit der Klanginstallation „DSD-08AS“ beim Ars Electronica Festival vertreten und habe auch schon Projekte beim Prix eingereicht. „Die Konkurrenz ist riesig. Es reichen immer wieder etablierte Künstler ein und auch die gewinnen nicht immer etwas“, sagte Sommerer, die selbst schon ein paar Mal in der Jury für den Prix Ars Electronica war. „Die Jury ändert sich jedes Jahr, also kann man nicht sagen, es ist ein abgekartetes Spiel. Man muss ein Muster und Kompromisse finden mit den Jurykollegen.“

Ebenfalls beim Festival vertreten ist die 55-Jährige mit der „Interface Culture“-Ausstellung. „Es ist wichtig, dass sich die Studierenden der Fachjury und dem Fachpublikum stellen und testen, was sie das ganze Jahr über entwickelt haben“. 2005 waren fünf bis sechs Arbeiten ausgestellt, mittlerweile beginnen jährlich rund 15 Studierende und die Schau ist explodiert. „Wir mussten schon immer wieder Leute herholen“, beschrieb Sommerer die Anfänge. Es sei nicht so gewesen, dass alle in Linz studieren wollten, weil da die Ars Electronica ist. Interface Cultures habe ihre Nische zwischen der FH Hagenberg und der Johannes-Kepler-Universität gefunden und sich mit großem Einsatz vom ganzen Team in den vergangenen Jahren stark im Medienkunstbereich etablieren können. Viele Absolventen aus dem Ausland würden in Linz bleiben, als Freelancer oder in einem der Start-ups, da sich eine gute Szene entwickelt habe.

Auch das 2002 von Kunstuni-Rektor Reinhard Kannonier initiierte Campus-Format beim Ars Electronica Festival habe sich stark entwickelt, attestiert die Medienkünstlerin. Früher sei immer eine Uni gekommen und habe mitunter dafür Geld erhalten, heute boome das Format und die Hochschulen bringen eigene Mittel mit. Viele – heuer 57 – wollen sich hier präsentieren und schauen, was die anderen Kunstunis im Medienbereich machen, denn die Gelegenheit dazu biete sich nicht oft. „Es ist ein bissel eine Leistungsschau.“ Man tausche sich aus, auch Erasmus-Programme oder bilaterale Übereinkünfte würden hier oft angebahnt, wovon dann die Studierenden profitieren würden.

Generell sei das Festival Ende der 1990er-Jahre explodiert, befand Sommerer, „die haben das geschickt gemacht, immer mehr das Publikum vor Ort involviert, in der PostCity wurde dann ein Massenpublikum erreicht“. Konnte man, als das Festival im Brucknerhaus stattfand, noch alles sehen, sei man nun gefordert zu selektieren.

Seit 2017 bereichern die Gallery Spaces das Ars Electronica Festival. Sie sind in den riesigen Kellerräumen der PostCity untergebracht und präsentieren internationale Medienkunstsammlungen und Galerien. 2016 begann alles mit einem Symposion im Lentos „Media Art and the Art Market“, zu dem Ars-Electronica-Chef Gerfried Stocker geladen war.

Er hatte die Idee, diesen Aspekt zur Ars Electronica zu holen, und im Jahr darauf folgte der erste Gallery Space mit 16 Galerien und zwei Diskussionsrunden im Keller des Postgebäudes. Wurden da die relevanten Leute noch zum Kommen überredet, mussten heuer bereits Absagen verteilt werden, und auch Sammler hätten sich angesagt, erzählte Festivalleiter Martin Honzik. Viele Galerien seien mit der Medienkunst gar nicht so vertraut, berichtete Sommerer, „die kommen zur Ars und schauen sich das einmal an, entdecken das auch“. Sie sieht die Gallery Spaces als Vehikel, um Medienkunst und Contemporary Art zusammenzuführen. „Das finde ich wichtig und gut, weil es für die KünstlerInnen nach dem Studium eine weitere Möglichkeit ist, Geld zu verdienen.“

Sie wünsche sich noch ein Format zur Frage der Medienkunst-Archivierung, wie es das im ZKM Karlsruhe gebe. Dort sieht Sommerer die vielleicht beste Medienkunst-Sammlung weltweit. Sie kenne einzelne mutige Sammler, die sich auf Medienkunst konzentrieren, im halböffentlichen Bereich etwa die spanische „BEEP“, während es in Österreich noch dünn bestellt sei. In Linz gebe es das Valie Export Center, darüber hinaus herrsche eine bizarre Situation, weil die Auffassung bestehe, Medienkunst mache ja eh die Ars Electronica. Dabei habe diese gar keine Sammlung. „Also das ist eine Lücke.“ Sie regte an, „ein paar Schlüsselwerke, die ohnehin schon da waren, zu behalten. Die Künstler wären interessiert“. Womöglich liege es am Budget, vielleicht brauche es aber auch jemanden, der gezielt so eine Sammlung aufbaut.

Aus dem Lentos berichtete die stellvertretende Direktorin Elisabeth Nowak-Thaller, man habe sehr wohl Medienkunst in der Sammlung und sie würde auch immer wieder ausgestellt. Die ehemalige Direktorin Stella Rollig habe mit dem Ankauf begonnen, und die derzeitige Leiterin Hemma Schmutz würde dies fortführen. Über das Ausmaß konnte keine Auskunft gegeben werden. In der Landesgalerie stehe der Oberösterreichbezug im Vordergrund, sagte Leiterin Gabriele Spindler, Medienkunst sei kein Schwerpunkt, aber „wir haben wichtige Werke von Valie Export“ und seit 2017 die – gemeinsam mit der Ars Electronica – rekonstruierte Fassung von Waltraut Coopers „Klangmikado“, das 1984 bei der Ars Electronica gezeigt wurde. „Die haben ja selber keine Sammlung“, betonte auch Spindler. In der Landesgalerie gebe es noch ein paar Videoarbeiten, und einen Fotografieschwerpunkt.

Medienkunst sei im Vergleich zu zeitgenössischer Kunst „nicht wesentlich teurer“, sagte Sommerer. Üblich sei, dass dem Käufer ein Screen mit einem Programm geliefert werde. „Wenn es nichts Interaktives ist, ist das ein Memory-Stick am Bildschirm, wenn es eine größere Installation ist, bekommt man das Interface dazu mit einem Manual und vielleicht noch eine zweite Kopie“, erklärte Sommerer. Freilich sei das aufwendiger als ein Gemälde, aber machbar. Man müsse kein Computeringenieur sein, um das Kunstwerk in Gang zu setzen.