Studie: Newsrooms kleiner, Redakteure mehr im Home-Office

Home-Office in Zeiten der Corona-Pandemie betrifft auch den Journalismus. Inwiefern die neue Arbeitsweise Newsrooms in Deutschland, Österreich und der Schweiz verändert hat, wurde ein Jahr nach Beginn der Krise im Rahmen der Studie „Newsroom im Home Office“ untersucht. Studienautor Marcus Hebein prognostiziert künftig Hybridmodelle, regelmäßiges Home Office bei mindestens einem Drittel der Mitarbeiter und eine Reduktion der Flächen von Redaktionen.

Befragt hat das frühere Mitglied der APA-Chefredaktion, Ex-Chefredakteur der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA und nunmehriger Medienberater 53 Vertreterinnen und Vertreter aus 36 Redaktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Darunter finden sich 34 Personen aus dem leitenden Management (Chefredaktion und Geschäftsführung) und 19 Mitglieder von Belegschafts- oder Redaktionsvertretungen. Dabei wurde deutlich, dass Home-Office vor Corona „praktisch nicht existent“ war. 87 Prozent der Befragten schätzten den Anteil der Mitarbeiter, die vor Ausbruch der Pandemie von zu Hause aus gearbeitet haben, auf unter 10 Prozent. Für die Zeit nach der Pandemie rechnen die Befragten damit, dass mindestens ein Drittel der Mitarbeitenden regelmäßig von zu Hause arbeiten wird. „Hybrid-Modelle werden sich durchsetzen, Home Office wird zum Normalfall in Redaktionen“, heißt es in der Studie.

Das hat Auswirkungen auf den Flächenbedarf: Bei größeren Strukturen mit mehr als 500 Quadratmetern wird mit Flächenreduktionen gerechnet. Zugleich würden neue Berufsbilder in die Newsrooms einziehen. Neben Journalisten werden laut der Studie in der Redaktion künftig vermehrt IT-Experten, Datenjournalisten, Designer und auch Verantwortliche für die interne Kommunikation arbeiten. Nicht zuletzt deshalb werde die interne Kommunikation „zum neuen, entscheidenden Faktor für erfolgreiche Redaktionen“, heißt es. „Ohne intensive Kommunikation auf verschiedenen Ebenen drohen die räumlich immer weiter voneinander entfernten Mitarbeitenden und Gruppen noch weiter auseinander zu driften – mit langfristig negativen Auswirkungen auf Qualität, Geschwindigkeit und Innovationskraft einer Redaktion.“

Eine besondere Herausforderung stelle Home-Office für leitende Mitarbeiter dar. Daher benötige es besonders strukturierter Kommunikationsinstrumente. Auch müssten Medienunternehmen „neue Instrumente finden, um dem schleichenden Verlust der Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem eigenen Unternehmen zu begegnen“. Daher werde die aktive Auseinandersetzung der Unternehmen mit dem Thema „New Work“ notwendig sein, um ihre Marke und ihr Image positiv zu unterstützen.

Für bestimmte (auch hoch qualifizierte) Arbeitssuchende prognostiziert die Studie aufgrund von Home-Office „eine neue Chance insbesondere dann, wenn die Lebensumstände (z.b. Wohnort oder Familiensituation) bisher die Mitarbeit in einer Redaktion nicht möglich gemacht haben“. Auch der Trend zu Teilzeit-Arbeitsmodellen werde durch Home-Office steigen.

„Vor etwas mehr als 20 Jahren haben Medienhäuser begonnen, in ihren Redaktionen Mauern einzureißen“, schreibt Hebein. „Nahezu alle haben seither Newsrooms gebaut und ihre Journalistinnen und Journalisten Seite an Seite in offene, große Räume gesetzt. Der Newsroom wurde zum zentralen architektonischen Fundament der Arbeitsabläufe von Redaktionen. Dann kam der große Umbruch. Seit März 2020 sind die Newsrooms leergefegt.“ Dennoch sei die Produktion auf Hochtouren gelaufen.

So stellte Hebein auch die Frage nach der Auswirkung auf die Qualität der Berichterstattung: Zu negativen Auswirkungen der Services habe Home-Office in den befragten Redaktionen nicht geführt. Die Befragten haben keine (50 Prozent) oder nur wenige Auswirkungen (38 Prozent) in Sachen Qualität bemerkt. So wird eine Person einer österreichischen Belegschaftsvertretung zitiert: „Eher im Gegenteil, weil – viele zumindest – (sic!) daheim bessere Bedingungen für fokussiertes, konzentriertes Arbeiten haben als im Großraumbüro.“